Stimmrecht in der WEG: Regeln, Modelle und Mehrheiten verständlich erklärt

In der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) fallen alle wichtigen Entscheidungen rund um das Gemeinschaftseigentum in der Eigentümerversammlung (ETV). Dort wird beraten, abgestimmt und per Beschluss entschieden. Doch welches Stimmrecht haben Wohnungseigentümer:innen, und welche Mehrheiten sind für einen wirksamen Beschluss erforderlich?
Was bedeutet Stimmrecht in der WEG?
Das Stimmrecht ist ein zentrales Mitwirkungsrecht der Eigentümer:innen. Nach § 25 Abs. 2 WEG steht jeder Eigentümer:in eine Stimme zu, die sie in der Versammlung abgibt – das sogenannte Kopfprinzip. Gehört eine Einheit mehreren Personen gemeinsam, können sie ihr Recht nur einheitlich ausüben.
Wichtig: Die Teilungserklärung bzw. die Gemeinschaftsordnung kann vom Kopfprinzip abweichen und ein anderes Stimmrechtsmodell festlegen. Das beeinflusst die Stimmanteile und damit die Mehrheitsverhältnisse.
Kurz erklärt: Eigentümerversammlung (ETV)
Jede WEG hält mindestens einmal jährlich eine Versammlung ab (§ 24 Abs. 1 WEG). Dort werden alle Themen zur Nutzung, Bewirtschaftung, Instandhaltung und Modernisierung des Gemeinschaftseigentums besprochen und beschlossen – inklusive Finanzierung von Maßnahmen oder z. B. Änderungen der Hausordnung. Die Verwaltung setzt die gefassten Beschlüsse anschließend um.
Die drei Stimmprinzipien in der WEG
Eine WEG kann nach drei Modellen abstimmen. Gesetzlicher Ausgangspunkt ist das Kopfprinzip; abweichende Modelle müssen in Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung festgeschrieben sein.
Stimmprinzip Inhalt
Kopfprinzip - Jede/r Eigentümer:in hat eine Stimme – unabhängig von Anzahl, Größe oder Zustand der Einheiten. Objektprinzip - Jede Einheit (Wohnung/Teileigentum) zählt eine Stimme; mehrere Einheiten = mehrere Stimmen. Wertprinzip - Der Stimmanteil richtet sich nach den Miteigentumsanteilen (MEA); höhere MEA = höheres Stimmgewicht.
Kopfprinzip – der Regelfall
Ohne abweichende Vereinbarung gilt das Kopfprinzip. Maßgeblich ist die Zahl der im Grundbuch eingetragenen Eigentümer:innen. Ob jemand mehrere Wohnungen besitzt, spielt keine Rolle – es bleibt bei einer Stimme. Besitzen zwei Personen gemeinsam eine Einheit, dürfen sie nicht doppelt abstimmen, sondern müssen eine gemeinsame Stimmabgabe festlegen. Beispielgedanke: In einer WEG mit 10 Eigentümer:innen hat jede Person 10 % Stimmanteil. Erwirbt eine Person weitere Einheiten, ändert das am einstimmigen Kopfrecht nichts – die absolute Stimmenzahl bleibt bei 10; die prozentuale Verteilung ergibt sich aus der Zahl der Köpfe.
Wertprinzip – Stimmgewicht nach MEA
Hier zählen die Miteigentumsanteile als rechnerischer Anteil am Gemeinschaftseigentum. Wer mehr MEA hält, verfügt über mehr Stimmgewicht und kann Entscheidungen stärker beeinflussen. MEA beruhen nicht nur auf der Fläche, sondern auch auf dem Wert der Einheiten. Die konkrete Verteilung wird in der Teilungserklärung festgelegt. Hinweis aus der Praxislogik: Früher war für die Beschlussfähigkeit eine bestimmte Quote vertretenen MEA nötig; heute ist die Beschlussfähigkeit nicht mehr von der Teilnehmerzahl abhängig.
Objektprinzip – jede Einheit zählt
Beim Objektprinzip orientiert sich das Stimmrecht an der Anzahl (und ggf. Größe) der Einheiten, nicht an MEA. Wer drei Wohnungen besitzt, hat drei Stimmen.
Mehrheiten in der Eigentümerversammlung
Je nach Beschlussgegenstand gelten unterschiedliche Mehrheitserfordernisse. Die Verwaltung muss wissen, welche Mehrheit für welches Thema erforderlich ist; andernfalls sind Beschlüsse anfechtbar. Grundsätzlich werden – sofern nicht anders vereinbart – folgende Mehrheiten unterschieden:
  • Einfache Mehrheit: > 50 % der teilnehmenden Stimmrechte stimmen zu.
  • Qualifizierte Mehrheit: in der Regel mehr als 66 % der teilnehmenden Eigentümer:innen.
  • Doppelt qualifizierte Mehrheit: mindestens 51 % Zustimmung; zusätzlich muss der Beschluss sowohl nach Kopfzahl als auch nach MEA angenommen sein.
  • Allstimmigkeit: alle Eigentümer:innen stimmen zu (nicht nur die Anwesenden).
  • Umlaufbeschluss: grundsätzlich Allstimmigkeit; wurde vorher festgelegt, genügt einfache Mehrheit.
  • Abstimmung der Betroffenen: alle unmittelbar betroffenen Eigentümer:innen müssen zustimmen (z. B. bei bestimmten baulichen Veränderungen).
  • Beschlüsse mit Vereinbarungscharakter: alle Betroffenen müssen zustimmen; anschließend notariell beurkunden und im Grundbuch hinterlegen.
Einfache Mehrheit – schneller entscheiden
Mit der einfachen Mehrheit lassen sich Beschlüsse auch bei geringer Beteiligung wirksam fassen. Wurde ein Beschluss jedoch nur knapp mit einfacher Mehrheit angenommen, können Kosten für die Umsetzung auf die Zustimmenden verteilt werden; Gegner:innen müssen sich daran nicht beteiligen.
Allstimmigkeit & Umlaufbeschluss
Allstimmigkeit ist z. B. für Änderungen der Teilungserklärung erforderlich. Umlaufbeschlüsse ermöglichen Entscheidungen außerhalb einer Versammlung – entweder allstimmig oder, wenn vorher beschlossen/vereinbart, mit einfacher Mehrheit. So können Angebote auch nachträglich beschlossen und Maßnahmen ohne Verzögerung angestoßen werden.
Wann ruht das Stimmrecht?
Grundsätzlich hat jede Eigentümer:in ein Recht auf ihre Stimme. Ausnahmen ergeben sich jedoch aus § 25 Abs. 4 WEG:
  • Eigengeschäfte/Interessenkonflikte: Wer mit der WEG ein Rechtsgeschäft abschließen möchte (z. B. eigener Hausmeisterdienst), ist von der Abstimmung ausgeschlossen. Ausnahme: die Abberufung einer Person, die zugleich Verwalter:in ist – hier stimmrechtsberechtigt.
  • Rechtsstreitigkeiten: Betreffen Beschlüsse einen Rechtsstreit zwischen WEG und einer Eigentümer:in (oder zwischen Eigentümer:innen), darf die betroffene Person nicht mit abstimmen.
  • Zwangsveräußerung: Liegt ein rechtskräftiges Urteil zur Veräußerung vor, entfällt das Stimmrecht.
  • Stimmrechtsmissbrauch: Wird Stimmgewalt rechtsmissbräuchlich genutzt (z. B. Mehrheitsmacht zur Schädigung), kann das Stimmrecht aberkannt werden – regelmäßig gerichtlich zu klären.
Nicht zulässig: Ein generelles Stimmverbot per Beschluss oder aus der Teilungserklärung heraus, nur weil jemand „quertreibt“. Das würde das elementare Mitwirkungsrecht verletzen; entsprechende Beschlüsse wären anfechtbar.
Änderung von Stimmrechten
Die Stimmprinzipien werden üblicherweise beim Neubau durch Bauträger:in/Erstverwaltung in Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung festgelegt. Änderungen sind aufwendig und oft mit Zeit und Kosten verbunden:
  • MEA-Änderung: Nur wenn sich Sondereigentumsflächen ändern (z. B. Dachbodenausbau, Anbau, Umnutzung), ändern sich die MEA – inkl. Anpassung der Abgeschlossenheit und Grundbuchnachtrag.
  • Kopf-/Objektprinzip: Veränderungen ergeben sich aus Änderungen der Eigentümerzahl bzw. der Wohnungsanzahl (z. B. Verkauf, Aufteilung, Zusammenlegung).
Vertretung per Vollmacht
Eigentümer:innen können ihr Stimmrecht übertragen. Eine Vollmacht bestimmt Umfang und ggf. Stimmvorgaben. Die bevollmächtigte Person nimmt an der Versammlung teil und stimmt im Namen der Eigentümer:in ab – hilfreich bei Abwesenheit.
Ehepartner:innen und gemeinsames Eigentum
Auch beim Kopfprinzip gilt: Für gemeinsam gehaltenes Eigentum gibt es nur eine Stimme. Ehepartner:innen (oder sonstige Miteigentümer:innen) müssen sich vorab einigen, wie sie abstimmen. Die Verwaltung achtet bei manueller Auszählung auf die einmalige Wertung.
Fazit: Stimmrecht in der WEG souverän nutzen
Das Stimmrecht ist die Basis für wirksame Entscheidungen in der WEG – mit klaren Modellen (Kopf-, Objekt-, Wertprinzip) und Mehrheitserfordernissen je nach Thema. Ein Blick in Gemeinschaftsordnung und Teilungserklärung zeigt, welches Prinzip gilt. Grenzen bestehen dort, wo Interessenkonflikte, Rechtsstreitigkeiten oder gerichtliche Maßnahmen greifen. Eine kompetente Verwaltung sorgt für strukturierte Vorbereitung, rechtssichere Beschlussfassung und transparente Umsetzung – damit Eigentümerversammlungen effizient und stressfrei ablaufen.
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